Die Überschrift wirft eine Frage auf, welche sich, nach meinem Kenntnisstand, wenige Firmengründer stellen. Die Beantwortung dieser Frage hilft jedoch, die treibende Kraft hinter Ihrem Tun besser zu verstehen und folglich auch besser nutzen zu können.
Die treibende Kraft
Gründe für eine Firmengründung gibt es fast so viele, wie Gründer. Ich denke jedoch, dass es sich hierbei in vielen Fällen um Variationen ein und desselben Grundes handelt, sodass diese letztlich in wenige Hauptgründe zusammengefasst werden können. Im folgenden möchte ich die bisher von mir identifizierten Gründe näher beschreiben.
1. Aus Notwendigkeit?
In diese Kategorie fallen Sie, wenn Sie gewissermaßen aus Ihrer Sicht keine andere Wahl hatten. Gründe hierfür sind unter anderem:
Fall A: Sie fühlten sich im klassischen System[1] nicht wohl.
Fall B: Sie standen vor dem Nichts.
Fall C: Sie wurden von einem Tag auf den anderen mit dieser Situation konfrontiert, da ein Familienmitglied Ihnen die Firma vermacht hatte, oder es keinen geplanten Nachfolger gab.
Fall A beschreibt den klassischen Gründer, der bereits von Kindesbeinen an fasziniert war, Dinge zu Kaufen und zu Verkaufen.
Wenn Sie sich eher mit dem Fall B identifizieren können, dann war die Gründung, der Strohhalm, der Ihnen Ihr aktuelles Leben ermöglichte. Sie haben auf diesem Weg viele verschiedene Dinge ausprobiert und letztlich etwas gefunden, was Ihnen Ihr aktuelles Leben ermöglicht. Ob Sie damit zufrieden sind oder nicht, müssen Sie für sich entscheiden.
Fall C beschreibt leider eine unschöne Situation, welche nach wie vor sehr häufig vorkommt[2]. Sie ist einer der Gründe, warum ich diesen Blog gestartet habe. So unschön diese Situation für alle Beteiligten ist, ich denke, sie kann zumindest abgemildert werden. Sicherlich können nicht immer alle Details in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum geklärt werden. Der Prozess an sich, kann jedoch gestartet werden. Je eher dies der Fall ist, desto besser für alle Beteiligten. Sie geben dadurch der nachfolgenden Generation zumindest einen besseren Startpunkt.
2. Aus Liebe zu Ihrem Umfeld?
Unter Liebe zu Ihrem Umfeld verstehe ich, dass Sie ein Problem in Ihrem Umfeld identifiziert haben und Sie eine Lösung dafür entwickelt haben, welches von Ihrem Umfeld nachgefragt wird. Sie leisten damit aus Ihrer Sicht, einen Beitrag für Ihr Umfeld.
3. Aus Liebe zum Prozeß?
Sie lieben Ideen Realität werden zu lassen. Dass sich hieraus eine Firma gebildet hat, ist a) eher Zufall oder b) Sie haben sich bewusst dafür entschieden. In beiden Fällen geht es Ihnen nicht darum, dass Sie sich mit dem Entstehungsprozess identifizieren. Im Falle A geht es Ihnen um die Umsetzung Ihrer Idee in ein neues Produkt. Sobald dieses Produkt realisiert wurde, beginnen Sie wieder von vorne. Im Falle von B geht es Ihnen primär um den Entstehungsprozess der Firma. Sie wollen nicht nur das Produkt (im Sinne von Lösungsangebot) entwickeln, sondern vielmehr die Firma, welche das Lösungsangebot anbietet.
4. Weil Sie Dinge verändern wollen?
Eine ähnliche Kategorie, wie Kategorie 3, Sie setzen jedoch auf den Fall 3 aus Kategorie auf. Das heißt, Sie wollen mit Ihrer Firma eine Veränderung in Ihrem Umfeld bewirken. Die Wirkung, welche Sie damit erzielen, ist der Hauptantreiber Ihres Tuns.
5. Weil Sie dachten, dass was Ihr Chef kann, können Sie auch?
In diese Kategorie fallen, aus meiner Sicht, viele Unternehmensgründungen. Vor allem Gründungen, welche von Technikern erfolgen. Unter Techniker verstehe ich Menschen, welche Ihre Schaffenskraft aus dem Tun erhalten. Sie lieben es, Dinge in die Hand zunehmen und etwas mit Ihren Händen zu erschaffen. Diese Personengruppe steht jedoch vor der Herausforderung, dass sie, sobald sie eine Firma gegründet haben, sich mit Dingen auseinandersetzen müssen, welche im zunehmenden Maße, immer mehr Zeit von ihrer eigentlichen Wunschtätigkeit (dem Tun) wegnehmen. Dies trifft vor allem dann ein, wenn Mitarbeiter eingestellt werden müssen, um die wachsende Nachfrage befriedigen zu können. Ab einem bestimmten Punkt muss sich der Techniker, für einen der drei Wege entscheiden:
- Reduzierung zurück auf eine Ein-Mann-Firma.
- Sich mit den Aufgaben eines Managers und Visionärs auseinandersetzen.
- Weiter wie bisher.
Es gibt zwischen den beiden Wegen 1 und 2 keinen Weg, der, aus meiner Sicht, besser wäre. Es gibt nur einen Weg, der für Sie der bessere ist. Sollten Sie sich für den Weg 1 entscheiden, so dürfen Sie dies nicht als ein Scheitern verstehen. Mit dieser Entscheidung kennen Sie lediglich Ihre aktuellen Grenzen an. Dieses Anerkennen gibt Ihnen nun, sofern Sie möchten, die Möglichkeit dazuzulernen, und Ihre Firma erneut zu neuer Größe aufzubauen, ohne, dass Sie innerlich zerrissen werden. Sie können aus dieser Warte aus, Ihre Firma nun bewusst so gestalten, dass Sie am Ende Ihrer Wunschtätigkeit nachgehen können[3].
Sollten Sie sich dafür entscheiden, die Firma als Ein-Mann-Firma weiterzubetreiben, so ist dies kein Beinbruch. Denn, Sie haben einen Weg gefunden, mit dem Sie zufrieden sind und das, sollte das eigentliche Ziel sein.
Weg 3 führt, nach meinem Verständnis, zwangsläufig auf den Weg 1 oder sogar zum Scheitern der Firma[4]. Hierzu sind die Spannungen innerhalb von Ihnen und damit innerhalb Ihrer Firma zu groß. Ein „weiter wie bisher“ bedeutet, dass Sie sich nicht bewusst, mit dem Thema Management und Entrepreneurship auseinandersetzen möchten. Beide Themen sind jedoch für die Konfliktlösung zwingend notwendig. Nur, wenn Sie sich als Person weiterentwickeln, entwickelt sich auch Ihre Firma.
Gründe für die Weitergabe
Der einzige Grund, um eine Firma an die nächste Generation zu übergeben ist, aus meiner Sicht, dass die Firma einen Wert für die Gesellschaft darstellt. Das heißt, der Verlust Ihrer Firma wäre ein Verlust für die Gesellschaft.
Wert der Firma für die Gesellschaft
Nur in diesem Fall, sollten Sie eine Übergabe an die nächste Generation in Erwägung ziehen. Was aber bedeutet „einen Wert für die Gesellschaft?“ Aus meiner Sicht gibt es hierfür mehrere Definitionen:
- Sie sind einer der wenigen, der dieses Produkt oder diese Dienstleistung anbietet.
- Sie sind zählen zu den größeren Arbeitgebern in Ihrer Umgebung.
- Sie haben Mitarbeiter.
In allen anderen Fällen sollten Sie die Firma einfach zu machen, so hart das auch klingen mag. Dies ist aus Ihrer Sicht ein schmerzhafter Prozess, da Sie (fast) Ihr gesamtes Leben in Ihrer Firma verbracht haben. Die Firma wurde und ist ein Teil Ihres Lebens. Aufgrund dieser hohen Identifikation mit der Firma werden Sie geneigt sein, die Firma nicht schließen zu wollen, auch wenn Sie (insgeheim) wissen, dass dies der bessere Weg wäre. Um diesen inneren Konflikt lösen zu können, sollten Sie sich frühzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen. Dies hilft Ihnen, sich mental auf diesen Tag vorzubereiten, indem Sie sich bewusst mit der Zeit nach der Schließung Ihres Unternehmens auseinandersetzen. Und gerade dieses Auseinandersetzen mit der Zeit danach hilft Ihnen sich emotional von Ihrer Firma zu lösen. Dieses Loslösen hilft Ihnen die zu Beginn dieses Artikels gestellte Aussage „Sie haben Ihre Firma für sich selbst gegründet“ besser verstehen zu können. Die Firma hat ihren Zweck, Ihnen das Leben, das Sie wollten bzw. für das Sie sich entschieden hatten, erfüllt. Mehr muss Ihre Firma nicht leisten. Sie sollten daher nicht versucht sein, Ihre Firma jemanden anderen aufdrängen zu wollen. Es sei denn, derjenige oder diejenige möchte es.
Was hat Sie dazu bewegt, eine Firma zu gründen? Schreiben Sie mir es unten in die Kommentare.
[1] Schule => Ausbildung/Studium => Arbeitsplatz => Rente
[2] „Drei von vier Senior-Chefs denken viel zu spät über die Nachfolgeregelung nach.“
[3] Sicherlich nicht zu 100%. Aber Sie werden einen Art Mittelweg finden, auf dem Sie sich wohlfühlen.
[4] Michael E. Gerber & Beyond E-Myth
2 Gedanken zu “Warum haben Sie (überhaupt) eine Firma gegründet?”
Die Kommentarfunktion ist geschlossen.