Übergabestrategie: Finanzinvestor oder strategischer Investor?

Im heutigen Artikel möchte ich mich mit Ihnen mehr über die Kategorie FLIP (Link zum Artikel) und insbesondere die beiden Übergabestrategien Finanzinvestor oder strategischer Investor reden. Lassen Sie mich kurz wiederholen, was ich unter der Kategorie FLIP verstehe. Zur Einordnung von Unternehmen[1] verwende ich zwei Kategorien 1) den Umsatz und 2) die Zeit. Dabei spielt der Faktor Zeit für die Kategorie JOB eine größere Rolle, als für alle anderen, sofern sie sich nach 10 Jahren[2] in dieser Kategorie befinden. Bezüglich des Umsatzes machen die Unternehmen in dieser Kategorie zwischen 5 Millionen Euro und 20 Millionen Euro Umsatz. Unternehmen in dieser Kategorie haben damit einen gewissen Reifegrad erreicht. Ob dieser Reifegrad ausreicht, um Ihr Unternehmen verkaufen[3] zu können, werden wir im Laufe dieses Artikels versuchen herauszufinden.

In der nachfolgenden Abbildung 1 finden Sie einen Überblick über die verschiedenen Finanzierungsphasen entlang der Unternehmensentwicklung. Wie anhand dieser Abbildung sehen können, konzentrieren wir uns auf die als Later stage und Buy-outs bezeichnete Phasen.

Übersicht über die verschiedenen finanzierungsphasen

Abbildung 1 Übersicht über die verschiedenen Finanzierungsphasen

Steckbrief Finanzinvestor

Unter dem klassischen Finanzinvestor versteht man Beteiligungsfirmen (neudeutsch Private Equity Firmen – kurz PEF). Deren Ziel ist es, den Wert des erworbenen Unternehmens innerhalb eines begrenzten Zeitraumes (2 bis 8 Jahre) zu erhöhen, um das Unternehmen dann zu einem höheren Preis wieder zu veräußern (Übergabe)[4]. Um dieses Ziel erreichen zu können wird bei den meisten PEF die Beratungsexpertise von außen bezogen. Einer der Hauptgründe hierfür liegt in der Verrechnung der Kosten für die Dienstleistung. Während die Kosten für Beratung über die Management-Fee finanziert werden, laufen die Kosten für die Kapitalaufnahme als Projektkosten auf die erworbenen Firmen gewälzt[5].

Investitionsziele von Private Equity Firmen

PEF sind, wie wir sehr schön in Abbildung 1 sehen können, in allen Finanzierungsphasen involviert. Grundsätzlich können jedoch zwei wesentliche Bereiche definiert werden. Hierbei handelt es sich um

  • Wachstumsfinanzierung
    • Frühphasenfinanzierung
    • Expansionsfinanzierung
  • Buy Out in den Formen
    • Management Buy Out (MBO): Das aktuelle Management ist mit beteiligt.
    • Management Buy In (MBI): Der Investor bringt ein eigenes Management mit.
    • Leveraged Buy Out (LBO): Weder das alte, noch das neue Management ist beteiligt.

Transaktionsvolumen von Private Equity Firmen

Laut BVK[6] gibt es aktuell rund 300 Beteiligungsgesellschaften, welche von 2013-2017 38 Milliarden Euro in mehr als 5.000 Unternehmen investiert hatten. Um ein besseres Gefühl für die Arbeit von PEF zu bekommen, werfen wir als Nächstes einen Blick auf deren Investitionsvolumen (s. Abbildung 2). Im 1. Halbjahr 2018 wurden 12 % (75) Buy-outs mit einem Volumen von rund 3,6 Milliarden getätigt. Damit betrug der durchschnittliche Wert eines Buy-outs rund 48,0 Millionen Euro.

investitionen 2018 nach finanzierungsphase

Abbildung 2 Investitionen 2018 nach Finanzierungsanlass[7]

Marktsegmentierung von Private Equity Firmen

Private Equity Firmen investieren nicht direkt, sondern über ihre Fonds (s. Abbildung 3) in die jeweiligen Unternehmen. Das Geld für die Fonds sammeln die PEF bei verschiedenen Investoren[8] ein. Diese Investoren erhalten im Gegenzug eine Gewinnbeteiligung.

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Abbildung 3 Marktsegmentierung von Private Equity Fonds[9]

Abbildung 4 gibt dabei sehr schön die Verteilung der PEF nach deren Größe und der Größe der zu finanzierenden Unternehmen wieder.

private equity firmen in deutschland nach marktsegmentierung

Abbildung 4 Private Equity Firmen in Deutschland nach Marktsegmentierung[10]

Wie Sie der Abbildung 3 ebenfalls entnehmen können, beginnen die meisten Private Equity Firmen erst ab einem Umsatz von 25 Millionen Euro einen Buy-out zu finanzieren. Dies weicht deutlich von meiner Definition der Kategorie FLIP mit 5 bis 20 Millionen Euro Umsatz ab. Heißt das, dass Sie Ihr Unternehmen nicht verkaufen können? Sie können, allerdings nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Was ich Ihnen damit sagen möchte, ist, dass Sie sich, wenn Sie sich aktuell in der Kategorie FLIP befinden, sich Gedanken über eine mögliche Übergabe machen sollten und nicht, dass Sie eine Übergabe machen können. Wenn Sie sich jedoch Gedanken über eine mögliche Übergabe machen, wissen Sie, was auf Sie zukommt. Sie können sich darauf vorbereiten. Und darum geht es mir. Ich möchte Sie mit dieser Webseite fit für die Übergabe machen. Wenn Sie also heute bei 5 Millionen stehen und einen Buy-out anstreben, dann wissen Sie, dass Sie in den nächsten Jahren einen Umsatz von mindestens 25 Millionen Euro anstreben sollten. Sie können damit für sich abschätzen wie lange Sie dafür benötigen und was Sie dafür tun müssen. Wenn Sie heute bereits bei 20 Millionen Euro stehen, dann wissen Sie, dass Sie theoretisch in 1 bis 2 Jahren soweit sein könnten. Wenn Sie meinen Artikel Turnaround-Management: Der 36-Schritte Plan gelesen haben aber auch, dass es mehr benötigt, dass nur den Umsatz zu erhöhen.

Vor- und Nachteile von Private Equity Firmen für Unternehmen

Vorteile

  • Schnelleres Wachstum
  • Steigerung des Umsatzes
  • Verstärkung der Investitionen in Forschung und Entwicklung
  • Mehr Arbeitsplätze

Nachteile

  • Hohe Kosten: Private Equity ist Eigenkapital.
  • Möglicherweise steigende Verschuldung: Finanzierung des Kaufpreises erfolgt zum Großteil durch Kreditaufnahme, welche aus dem Cashflow des Unternehmens bezahlt wird.
  • Verlust unternehmerischer Freiheit: Da Private Equity Eigenkapital ist, geben sie die Kontrolle über die Gesellschafterversammlung auf. Eventuell sogar über Management, da von außen aus Sicht der PEF geeignetere Manager miteingebracht werden.
  • Harte Konditionen: Der zukünftige Verkauf oder die Übergabe (Exit) wird vertraglich bereits in den Kaufvertrag geschrieben.

Übersicht über die Top 23 Private Equity Firmen in Deutschland im Jahr 2016

top private equity firmen des jahres 2016

Abbildung 5 Top Private-Equity-Firmen des Jahres 2016[11]

Steckbrief Strategischer Investor

Kommen wir nun zum zweiten Teil dieses Artikels, den strategischen Investoren. Unter einem strategischen Investor versteht man ein Unternehmen, dass durch den Kauf eines anderen Unternehmens sich Vorteil hinsichtlich der Sicherung von unter anderem Technologien, Know-how oder Absatzmärkten verspricht. Das Ziel eines strategischen Investors ist somit im Gegensatz zu einem Finanzinvestor nicht primär die Übergabe (Exit) des erworbenen Unternehmens. Dieser wird jedoch dann in Betracht gezogen, wenn die gesetzten Ziele nicht in dem Maße eingetroffen sind, wie erhofft. Der Sammelbegriff hierfür lautet Merger & Acquisition (M&A)[12].

strategische gründe für ein m&a

Abbildung 6 Strategische Gründe für ein M&A[13]

Dabei können wir grundsätzlich von jeweils zwei Arten an M&A unterscheiden (s. Abbildung 6). Im Falle eines Mergers wird entweder eine Firma in der anderen aufgenommen oder eine gemeinsame neue Firma gegründet. Im Falle einer Acquisition kommt es entweder zu einer feindlichen Übernahme oder zu einer freundlichen Übernahme.

arten von m&a

Abbildung 7 Arten von Merger & Acquisitions

Transaktionsvolumen von M&A-Deals

Um auch für die M&A-Deals ein besseres Gefühl zu kommen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Anzahl an M&A-Deals in Deutschland (s. Abbildung 8). Wie Sie aus der Abbildung 8 entnehmen können betrug die Anzahl an M&A-Deals im Jahr 2017 rund 1.100. Laut ma-reviews betrug dabei das Transaktionsvolumen 115 Milliarden Euro.

anzahl m&a-deals im deutschen mittelstand

Abbildung 8 Anzahl M&A-Deals im deutschen Mittelstand[14]

Dabei kommen sehr häufig die Zielunternehmen und die Käufer aus der gleichen Branche (s. Abbildung 9).

branchenverteilung zielunternehmen und käuferunternehmen

Abbildung 9 Branchenverteilung Zielunternehmen (links) und Käuferunternehmen (rechts)[15]

Dabei erwarben die Käufer in 53 % der Fälle das gesamte Unternehmen (s. Abbildung 10).

verteilung des unternehmenseanteils pro m&a-deal

Abbildung 10 Verteilung des Unternehmensanteils pro M&A-Deal[16]

Vor- und Nachteile von strategischen Investoren

Vorteile

  • Schnelle und umfassende Vergrößerung von Marktanteilen
  • Gleichzeitige Übernahme von materiellen und immateriellen Gütern
  • Eventuelle Veräußerungsgewinne

Nachteile

  • Flop: Rund 2/3[17] der M&A-Deals scheitern, weil zwar die Unternehmen entweder von der Technologie, Infrastruktur, den Umsätzen, Absatzmärkten etc. gut zusammenpassen, jedoch die Unternehmenskulturen außeracht gelassen werden. Meyer[18] spricht dagegen „nur“ von rund 50 % an gescheiterten M&A-Deals.
  • Höhere Integrationskosten und -risiken
  • Erhöhung der Marktaustrittsbarrieren

Erfolgsfaktoren bei M&A

Aufgrund der hohen Quote an gescheiterten M&A-Deals möchte ich als Nächstes einen Blick auf mögliche Erfolgsfaktoren werfen. Meyer geht hierzu zunächst auf die Einflussfaktoren ein (s. Abbildung 11), um dann aufgrund ihrer Analyse potenzielle Erfolgsfaktoren (s. Abbildung 12) identifizieren zu können.

einflussfaktoren m&a

Abbildung 11 Einflussfaktoren[19]

Wie Sie der Abbildung 12 entnehmen können, konnte Meyer keine Erfolgsfaktoren ausmachen, da zu den von ihr gefundenen Faktoren bisher keine eindeutigen Ergebnisse aus anderen Studien vorlagen[20].

potenzielle erfolgsfaktoren m&a

Abbildung 12 Potenzielle Erfolgsfaktoren[21]

Sie führte daraufhin in ihrer Arbeit eine umfangreiche Untersuchung durch und fand die folgenden vier potenziellen Erfolgsfaktoren

  • Transaktionsvolumen
  • Zeitlicher Fokus
  • Geografischer Fokus
  • Wirtschaftlicher Fokus

welche von Transaktionen abgeleitet wurden und zu welchen eine empirische Analyse der Erfolgswirkung auf M&A möglich ist[22].

Top M&A-Firmen in Deutschland im Jahr 2016

top m&a-firmen in deutschland 2016

Abbildung 13 Top M&A-Firmen in Deutschland 2016 gerankt nach Anzahl der Deals und nach Deal Volumen[23]

Zusammenfassung

Die Eingangsfrage war, ob Ihr aktueller Reifegrad ausreicht, um einen Verkauf an einen Finanzinvestor oder strategischen Investor anvisieren zu können.

Im Falle eines Finanzinvestors konnte ich aufzeigen, dass Sie mit Ihrem aktuellen Unternehmen im Bereich von 5 bis 20 Millionen Euro noch unterhalb des Radars (≥ 25 Millionen Euro) von Private Equity Firmen fliegen. Sie jedoch aufgrund dieser Standortbestimmung nun wissen, was Ihr Ziel für die kommenden Jahre ist.

Im Falle eines strategischen Investors sieht die Sache dagegen anderes aus. Da diese Art von Investor ihren Fokus mehr auf den Gewinn von neuer Technologie, Know-how usw. legt, kaufen diese auch kleinere Unternehmen auf.

Egal, für welchen Investor Sie sich letztlich entscheiden, Sie müssen in allen Fällen Ihre Hausaufgaben gemacht haben. Den passenden Artikel finden Sie hier.

Welcher Investor kommt für Sie infrage? Schreiben Sie mir unten in die Kommentare einfach FI für Finanzinvestor oder SI für strategische Investor. Gerne auch warum Sie sich für einen der beiden entschieden haben.

[1] Im Kontext der Exitstrategien

[2] Es gibt kein 10 Jahre altes Start-up, d.h. nach dieser Zeit sollte Ihr Unternehmen einen gewissen Reifegrad besitzen.

[3] Auch wenn ich von verkaufen spreche, meine ich tatsächlich, dass Sie Ihr Unternehmen weitergeben. Verkaufen ist aus meiner Sicht folglich nur eine Variante des Weitergebens. Allerdings neigen wir dazu nur diese Variante mehr Bedeutung beizumessen.

[4] Christian Böttger (2006)

[5] Christian Böttger (2006)

[6] Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

[7] Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

[8] Kreditinstitute, Versicherungen, Privatanleger, Staat, etc.

[9] Mackewicz & Partner

[10] Mackewicz & Partner

[11] Private Equity Monitor 2017

[12] Wikipedie | Merger & Acquisition

[13] M&A trends 2018

[14] KfW-M&A-Deals 2018

[15] KfW-M&A-Deals 2018

[16] KfW-M&A-Deals 2018

[17] Wikipedia | M&A

[18] Meyer (2011)

[19] Meyer (2011)

[20] Stand der Auswertung 2011

[21] Meyer (2011)

[22] Meyer (2011)

[23] Mergermarket Report 2016