In meinen Artikeln erwähne ich regelmäßig, dass eine Dokumentation der Prozesse das A und O eines jeden Unternehmens ist. Warum dies so ist, möchte ich in meinem heutigen Artikel mit Ihnen besprechen. Am Ende dieses Artikels sollten Sie
- die Zusammenhänge zwischen dem Business Model und einem Geschäftsprozess verstehen.
- den Unterschied von TOP-Down und BOTTOM-Up kennen.
- die 3 Hauptbestandteile Ihres Lösungsversprechens im Business Model Canvas einordnen können.
- den Aufbau einer Prozessbeschreibung nachvollziehen können.
- einen Engpass identifiziert können.
- das Minimumgesetzes kennen.
Legen wir ohne Umschweife los und werfen wir einen kurzen Blick auf die Definition eines Geschäftsprozesses.
Geschäftsprozesse
Die Definition besagt, dass ein „[..] Geschäftsprozess (Abkürzung: GP) [..] eine Menge logisch verknüpfter Einzeltätigkeiten (Aufgaben, Arbeitsabläufe), die ausgeführt werden, um ein bestimmtes geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen[1].“
Als Beispiel für einen Geschäftsprozess möchte ich das Business Model Canvas heranziehen. Dieses bietet aufgrund seiner Einfachheit die Kernaussagen der Definition zu überprüfen.
Business Model Generation
In ihrem Buch Business Model Generation (Affiliate-Link) analysieren die Autoren Alex Osterwalder und Yves Pigneur verschiedene Geschäftsmodelle und stellen insgesamt neun Bausteine vor, aus denen jedes gute Geschäftsmodell besteht. Um ein solches Geschäftsmodell entwickeln zu können, entwickelten die beiden Autoren das Business Model Canvas (s. Abbildung 1).

Abbildung 1 Business Model Canvas
Wenn wir wieder zurück auf die Definition kommen, dann erkennen wir, dass die einzelnen Bausteine als Einzeltätigkeit aufgefasst werden können. Alle Bausteine sind zudem innerhalb des Buiness Model Canvas logisch mit einander verknüpft. Daraus folgt:
Ein Business Model Canvas ist demnach ein Geschäftsprozess.
Top-Down vs. Bottom-Up
Mithilfe des Business Model Canvas können eine Vielzahl an Geschäftsmodellen entwickelt werden, ohne sich Gedanken um die einzelnen Details machen zu müssen. Das Business Model Canvas blickt folglich von oben auf das Geschäftsmodell. Man spricht auch von Top-Down-Ansatz (s. Abbildung 2). Bei diesem Ansatz beginnt man mit einem Gesamtprozess und unterteilt diesen immer weiter. Auf der nächsten Stufe befinden sich die Teilprozesse. Jeder Teilprozess besteht wiederum aus einer Vielzahl an Prozessschritten. Welche ihrerseits mehrere Aktivitäten beinhalten. Der Top-Down-Ansatz geht demnach vom Gesamten zum Einzelnen.

Abbildung 2 Top-Down Ansatz vs. Bottom-Up Ansatz
Eine andere Vorgehensweise ist der sogenannte Bottom-Up-Ansatz. Dieser betrachtet zunächst die einzelnen Aktivitäten und setzt diese Stück für Stück zusammen. Ziel ist ein neuer Geschäftsprozess. Wenn beide Ansätze ein neuer Geschäftsprozess entwickelt werden kann, welchen Ansatz sollte man dann bevorzugen?
Sie werden die Antwort schon erahnen. Es kommt darauf an.
Der Top-Down-Ansatz blendet zunächst die Details aus. Auf der Ebene der Teilprozesse werden diese neu angeordnet, aufgeteilt oder erweitert. Erst zu einem späteren Zeitpunkt werden die einzelnen Prozessschritte betrachtet. Hierbei kann es vorkommen, dass für das neue Geschäftsmodell die entsprechenden Prozessschritte nicht im Haus sind und demzufolge diese zunächst angeschafft werden müssen. Sollten dafür die Voraussetzungen nicht vorhanden sein, so muss das Geschäftsmodell umgestellt werden.
Beim Bottom-Up-Ansatz gestalten Sie neue Geschäftsmodelle auf Basis der vorhandenen Prozessschritte. Sie wissen um deren Fähigkeiten und konzentrieren sich darauf, diese in einer optimierten Anordnung zusammen zu bringen. Auch hier kann es vorkommen, dass für eine optimiertere Anordnung Sie einen neuen Prozessschritt benötigen.
Beide Ansätze haben meiner Meinung nach ihre Berechtigung. Ich für meinen Teil arbeite Top-Down, um mich von den Details nicht ablenken zu lassen. Aber ich kenne die einzelnen Prozessschritte und Aktivitäten im Teil, um die Möglichkeiten und Grenzen dieser in meine Planung miteinbeziehen zu können. Aus meiner Sicht benötigen Sie beide Ansätze, wenn Sie erfolgreich neue Geschäftsprozesse gestalten wollen.
Kernprozesse
Wenn wir uns auf der Ebene der Teilprozesse eines Geschäftsmodells begeben und uns das Business Model Canvas erneut anschauen, dann können wir die von mir beschriebenen Hauptbestandteile Ihres Lösungsversprechens (mehr darüber finden Sie hier) einordnen (s. Abbildung 3 und Abbildung 4).

Abbildung 3 Die 3 Hauptbestandteile des Lösungsversprechens

Abbildung 4 Die 3 Hauptbestandteile des Lösungsversprechens im Business Model Canvas
Der Teilprozess Produktion umfasst folglich die Bereiche Schlüsselaktivitäten (Key Activities), Schlüsselressourcen (Key Ressources) und Schlüsselpartner (Key Parnter). Alle drei Bereiche zusammen haben einen direkten Einfluss auf unsere Kosten (Cost Structure). Um unser Produkt oder unsere Dienstleistung unseren Kunden und Kundinnen zukommen zu lassen, benötigen wir den Teilprozess Lieferung (Channels). Hierbei handelt es sich um die verschiedenen Wege, auf denen unsere Produkte oder Dienstleistungen von unseren Kunden und Kundinnen bezogen werden können. Der letzte Hauptbestandteil ist der Kundenservice (Customer Relationships). Dieser definiert unsere Beziehung zu unseren Kunden und Kundinnen. Beide Teilprozesse, Lieferung und Kundenservice haben einen direkten Einfluss auf unsere Einnahmen (Revenue Streams).
Diese drei Teilprozesse stellen die Kernprozesse in Ihrem Unternehmen dar. Hierbei handelt es sich um „[…] alle Tätigkeiten, die der Wertschöpfung des Unternehmens dienen. „Dabei handelt es sich um Wertschöpfung um das Ziel produktiver Tätigkeit. Diese transformiert vorhandene Güter in Güter mit höherem Geldwert[2].“
Prozessschritte
Bewegen wir uns auf unserer Abbildung 2 eine Ebene tiefer und betrachten hierzu den Teilprozess Produktion etwas genauer. Wir befinden uns nun auf der Ebene der Prozessschritte. Der hier dargestellte Prozess Brötchen backen (s. Abbildung 5) beschreibt Schritt für Schritt das Vorgehen, um die gewünschte Menge an Brötchen herstellen zu können. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer Prozessbeschreibung.

Abbildung 5 Teilprozess „Brötchen backen“
Die Prozessbeschreibung enthält dabei wichtige Informationen (s. Abbildung 6).
- Eingang
- Ausgang
- Prozessschritte
- Aktivitäten

Abbildung 6 Teilprozess „Brötchen backen“ mit Erläuterungen
Auf der Ebene der Prozessschritte erfolgt die operative Steuerung Ihres Unternehmens. Da beispielsweise jeder Prozessschritt für dessen Bearbeitung eine gewisse Zeit (Prozesszeit) benötigt, können sie über die Summe aller Prozesszeiten die Durchlaufzeit für den Gesamtprozess berechnen. Die Durchlaufzeit setzt sich dabei aus einer Vielzahl an verschiedenen Zeiten zusammen.
- Rüstzeit (Prozessvorbereitungszeit: Vorbereitung der Anlage)
- Prozesszeit (Bearbeitungszeit)
- Nachbearbeitungszeit (entgraten, editieren)
- Transportzeit (Zeit zw. zwei Prozessschritten)
- Wartezeit (Zeit vor oder während eines Prozessschrittes)
- Liegezeit (Zeit zwischen zwei Prozessschritten)
Anhand dieser Zeiten erhalten Sie Hinweise auf die Auslastung einer Anlage oder eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin. Sie erkennen zudem Engstellen (Engpässe), die Ihr Unternehmen daran hindern können, Ihr Lösungsversprechen besser einhalten zu können.
Sie können zusätzlich über eine Vorwärtsrechnung und Rückwärtsrechnung den kritischen Pfad[3] ermittelt und haben hierdurch einen Einblick darüber, wann welcher Prozess beginnen oder zu ende sein muss. Beim kritischen Pfad handelt es sich um Vorgänge, welche keine zeitliche Reserve enthalten. Verzögerungen innerhalb des kritischen Pfades führen zu einer Verzögerung des Endtermins für den gesamten Prozess.
Und damit kommen wir schon zum letzten Punkt, dem Minimumgesetz[4].
Minimumgesetz
Dieses Gesetz besagt, dass das Wachstum von Pflanzen durch die im Verhältnis knappste Ressource (Minimumfaktor) eingeschränkt ist. Dies kann anhand der Minimum-Tonne (s. Abbildung 7) veranschaulicht werden. Die kürzeste Daube bestimmt die Höhe bis zur welcher die Tonne gefüllt werden kann.

Abbildung 7 Minimum-Tonne[5]
Übertragen wir dieses Gesetz auf das Unternehmertum so lautet es:
Das Wachstum von Unternehmen ist durch die im Verhältnis knappste Ressource (Material, Geld, Wissen, Personal) eingeschränkt.
Das heißt, nichts anderes, als dass die Engpässe in Ihrem Unternehmen dessen Wachstum einschränken. Die Identifikation dieser Engpässe ist folglich einer der Hauptaufgaben eines Unternehmers oder einer Unternehmerin.
Dabei unterschied Wolfgang Mewes[6] zwei Arten von Engpässen. Den internen Engpass, also den Engpass in Ihrem Unternehmen und den externen, dem Engpass beim Kunden. Die von ihm entwickelte Engpasskonzentrierte Strategie[7] definiert dabei, dass die externen Engpässe immer vor den internen Engpässen stehen. Stellen Sie sich also die Frage: „Wo liegt der Engpass bei Ihren Kunden?“ Wenn Sie diesen gefunden haben, können Sie Ihr Lösungsversprechen besser darauf ausrichten.
Wenn Sie mehr über diese Strategie erfahren wollen, dann empfehle ich Ihnen, unbedingt dieses Buch (Affiliate-Link) zu lesen:
Das große 1×1 der Erfolgsstrategie: EKS® – Erfolg durch Spezialisierung von Dr. Kerstin Friedrich
In diesem werden zunächst die vier Prinzipien
- Ganzheitliche Spezialisierung
- Minimumprinzip
- Immaterielle vor materiellen Vorgängen
- Nutzen- vor Gewinnmaximierung
beschrieben. Anschließend werden diese in einem 7-Phasen-Programm umgesetzt. Dabei veranschaulicht die Autorin diesen Prozess anhand von Beispielen.
Fazit
Wir haben zunächst den Begriff Geschäftsprozess definiert und dann anhand des Beispiels Business Model Canvas erkannt, dass die dort aufgeführten Bausteine als Teilprozesse des Geschäftsmodells interpretiert werden können. Wir haben darauf aufbauen festgestellt, dass die Betrachtungsweise ausgehend von einem Gesamtgeschäftsmodells hin zu den Teilprozessen und hinunter bis zu den einzelnen Aktivitäten als Top-Down-Ansatz bezeichnet wird.
Während der Top-Down-Ansatz in der Planungsphase Details bewusst ausblendet, basiert der Bottom-Up-Ansatz genau auf dem Gegenteil. Wir beginnen bei den einzelnen Prozessschritten und setzten diese zu neuen Teilprozessen zusammen, um am Ende einen neuen Geschäftsprozess zu erhalten. Während der Top-Down-Ansatz bei der strategischen Ebene ansetzt, fußt der Bottom-Up-Ansatz auf der operativen Ebene.
Auf dieser operativen Ebene konnten wir nun über die Ermittlung von Prozesszeiten Engpässe in unserem Unternehmen identifizieren. Wir verglichen daraufhin das Minimumgesetz von Justus von Liebig, welches das Wachstum von Pflanzen aufgrund von Minimumfaktoren beschreibt, mit den Engpässen in unserem Unternehmen und erkannten Parallelen.
Unter Berücksichtigung der Erfolgsstrategie EKS® wurde uns bewusst, dass es nicht nur einen Engpass in unserem Unternehmen (interner Engpass), sondern auch bei unseren Kunden und Kundinnen gibt (externer Engpass). Die Lösung des externen Engpasses Ihrer Kunden und Kundinnen steht dabei nach der Erfolgsstrategie EKS® im Vordergrund. Die Lösung desselben ist folglich Teil Ihres Lösungsversprechend und damit Ihre Hauptaufgabe.
Wenn Sie mir bisher aufmerksam gefolgt sind, dann ist Ihnen sicherlich aufgefallen, dass dieser Artikel nach dem Top-Down-Ansatz aufgebaut wurde. Wir begannen beim Allgemeinen (der Beschreibung eines Geschäftsprozesses) und endeten beim Spezifischen (Engpass). In Abbildung 8 finden Sie eine grafische Zusammenfassung meiner Argumente und damit dieses Artikels.
Lassen Sie mich meine Frage von oben noch einmal wiederholen.
Wo liegt der Engpass bei Ihren Kunden und Kundinnen? Schreiben Sie es mir unten in die Kommentare oder gerne auch eine E-Mail.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie mir einen Like dafür gegeben.

Abbildung 8 Zusammenfassung des Artikels
[5] Von DooFi – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6627159
2 Gedanken zu “Der Zusammenhang zwischen Business Model Generation, Geschäftsprozessen und Prozessmanagement”
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