Warum Sie (noch) kein profitables Unternehmen haben

Bei meinen Recherchen habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, warum sind manche Unternehmer und Unternehmerinnen erfolgreich und manche nicht. Bis mir eines Tages klar wurde, dass es zwischen Wunsch und Wirklichkeit einen Unterschied gibt. Es gibt eine

Lücke (English ‚gap‘) zwischen erwarteter Zielsetzung und gewünschter Zielsetzung.

Dies gilt sowohl für erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen wie für weniger erfolgreiche. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen besteht jedoch, dass Erstere sich der Lücke bewusst sind und Letztere nicht.

Ich möchte daher in meinem heutigen Artikel über genau diese Lücke mit Ihnen reden. Denn nur, wenn Sie die Gründe für Ihre aktuelle Situation kennen, können Sie etwas ändern.

GAP-Analyse (Lückenanalyse)

Betrachten wir hierzu Abbildung 1. In dieser wird eine Zielgröße gegenüber der Zeit auftragen. Als Zielgröße könnten Sie beispielsweise den

  • Cashflow
  • Gewinn
  • Marktanteile
  • Wachstum

heranziehen.

Das Ergebnis dieser Darstellung sind zwei Kurven. Sie erhalten zum einen den Verlauf für den Zielwert (Zielsetzung) und zum anderen den Verlauf für den gewünschten Zielwert.  Dabei ergibt sich der erwartete Zielwert aufgrund Ihrer bisherigen Tätigkeit. Der gewünschte Zielwert ergibt sich dagegen aus dem Wunsch(verhalten). Ich schreibe bewusst Wunschverhalten, denn genau hierdurch entsteht die Lücke.  

Abbildung 1: GAP-Analyse

Abbildung 1 GAP-Analyse[1]

Wenn wir diese Lücke genauer betrachten, so können wir diese noch weiter unterteilen, und zwar in eine operative und eine strategische Lücke. Hierdurch ergeben sich für sie als Unternehmer bzw. Unternehmerin insgesamt drei Zielkorridore (s. Abbildung 2).

Abbildung 2 GAP-Analyse mit Zielsetzungen

Abbildung 2 GAP-Analyse mit Zielsetzungen[2]

Wie eingangs geschrieben können Sie als Zielgröße verwenden, was Sie möchten. Nach meinem bisherigen Verständnis kommt lediglich eine Zielgröße in Frage – der Cashflow Ihres Unternehmens. Denn Unternehmen gehen nicht insolvent, weil sie keinen Gewinn machen, sondern weil sie zahlungsunfähig sind. Nicht umsonst heißt es „Cash is King.“ Wenn Sie also morgen noch am Markt agieren wollen, dann müssen Sie sicherstellen, dass Sie hinreichend tagein und tagaus zahlungsfähig sind. Dies stellen Sie nur sicher, indem Sie den Cashflow in Ihrem Unternehmen steuern. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass der Cashflow die wichtigste Aufgabe eines Geschäftsführers oder einer Geschäftsführerin ist. Warum, habe ich in dem gleichnamigen Artikel näher erläutert (Link zum Artikel).

Zielkorridore

Ich verwenden demzufolge den Cashflow als Zielgröße. Setzen wir den Cashflow ein, so erhalten wir die folgenden drei Zielkorridore (s. Abbildung 3).

  1. Substanzerhalt
  2. Technologieerhalt
  3. Ausbaufähigkeit
Abbildung 3 GAP-Analyse mit strategischer und operativer Lücke

Abbildung 3 GAP-Analyse mit strategischer und operativer Lücke[3]

Dabei bedeutet Substanzerhalt nach Heesen[4], dass der Substanzverlust mittels Investitionen wieder ausgeglichen wird. Bedeutet konkret. Wenn Sie beispielsweise einen Fuhrpark, Anlagen oder Inventar im Wert von 500.000,00 € haben (=Anlagevermögen), dann benötigen Sie nach Ablauf der Abschreibungsfrist wieder diese 500.000,00 €, um Ihren Fuhrpark, Anlagen oder das Inventar ersetzen zu können.

Um jedoch längerfristig am Markt agieren zu können muss ein Unternehmen mehr investieren, als nur den Substanzverlust. Heesen unterstellt dabei, dass es zu einer 100 %-igen Kostensteigerung über die Abschreibungsperiode kommt. Demzufolge bedeutet ein Technologieerhalt, dass die Investitionen 100 % über dem Substanzerhalt liegen müssen, um dieses Ziel erreichen zu können. Übertragen auf unsere 500.000,00 € bedeutet dies, dass aufgrund von Kostensteigerungen während der Abschreibungsperiode, Sie am Ende nicht 500.000,00 € benötigen, sondern 1.000.000,00 €.

Soll das Unternehmen darüber hinaus erweitert werden, so sind weitere Investitionen erforderlich. Heesen spricht in diesem Fall von Ausbaufähigkeit und setzt den Wert auf 200 % über dem Substanzerhalt an. Dies bedeutet, dass wenn Sie Ihr Unternehmen ausbauen wollen, Sie bei einem Anlagevermögen in Höhe von 500.000,00 € nach Ablauf der Abschreibungsfrist insgesamt 1.500.000,00 € zur Verfügung haben sollten.

Damit ergeben sich die Zielkorridore nach Heesen wie folgt:

  • Substanzerhalt: Cashflow = 1x AfA bzw. Jahresüberschuss (JÜ) = 0
  • Technologieerhalt: Cashflow = 2x AfA bzw. Jahresüberschuss (JÜ) = 1
  • Ausbaufähigkeit: Cashflow = 3x AfA bzw. Jahresüberschuss (JÜ) = 2

Tragen wir diese Zielkorridore in unsere Abbildung 3, so erhalten wir Abbildung 4.

Abbildung 4 GAP-Analyse mit Zielkorridore für den (Free) Cashflow

Abbildung 4 GAP-Analyse mit Zielkorridore für den (Free) Cashflow[5]

Bisher hatten wir nur mit einer fiktiven Beispielzahl für das Anlagevermögen verwendet. Um ein besseres Verständnis für die drei Zielkorridore sowie deren Definitionen zu erhalten, möchte ich mit Ihnen gemeinsam einen Blick auf die Anlagenintensitäten von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen werfen (s. Abbildung 5).

Anlagenintensität

Abbildung 5 Anlagenintensität für Familien- und Nicht-Familienunternehmen

Abbildung 5 Anlagenintensität für Familien- und Nicht-Familienunternehmen[6]

Während das Anlagevermögen bei Nicht-Familienunternehmen über den Zeitraum 2008 bis 2012 relativ konstant geblieben ist. Erkennen wir, dass das Anlagevermögen bei Familienunternehmen über den gleichen Zeitraum leicht zu genommen hat.

Für die folgende Betrachtung werde ich den Mittelwert der jeweiligen Anlagevermögen verwenden. Dieser beträgt für Familienunternehmen 28,8 % und für Nicht-Familienunternehmen 22,2 %.

Setzen wir diese beiden Werte in die Berechnung für den Cashflow-AfA-Faktor ein, so erhalten wir die folgenden Werte (s. Tabelle 1).

Tabelle 1 Berechnung des Cashflow AfA Faktors

Tabelle 1 Berechnung des Cashflow AfA Faktors[7]

Ausgehend von einer Bilanzsumme in Höhe von 21,6 Millionen € erhalten wir bei einer Anlagenintensität von 28,8 % (Familienunternehmen) ein Anlagevermögen in Höhe von 6,2 Millionen €. Setzen wir für diese Anlagevermögen eine (durchschnittliche) Abschreibungsfrist von 10 Jahren an, so ergibt dies 620.000 € an Abschreibungen pro Jahr.

Cashflow-AfA-Faktor

Um den Cashflow-AfA-Faktor (hier 5,9 bzw. 7,6) bestimmen zu können, benötigen wir zuvor noch die Berechnung des Cashflows. Dieser wurde über ein vereinfachtes Verfahren ermittelt.

Tabelle 2 Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung des Cashflows

Tabelle 2 Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung des Cashflows[8]

Der Cashflow-AfA-Faktor ergibt sich aus

Formel Cashflow-AfA-Faktor

Auf unser Beispiel übertragen erhalten wir mit dieser Formel

Beispielrechnung Cashlfow-AfA-Faktor

Diese 5,9 liegen deutlich über dem von Heesen geforderten Faktor 3 für die Zielwert Ausbaufähigkeit. Heesen merkt jedoch an, dass für den Fall, das Unternehmen die Ziel-Anlagenintensität noch nicht erreicht hat, sämtliche Faktoren um den Wert 1 erhöht werden müssen (s. Abbildung 6).

Abbildung 6 GAP-Analyse mit Zielkorridoren für den Cashflow unter Berücksichtigung der Ziel-Anlagenintensität

Abbildung 6 GAP-Analyse mit Zielkorridoren für den Cashflow unter Berücksichtigung der Ziel-Anlagenintensität[9]

Übertragen auf unsere Tabelle 2 ergeben sich die nachfolgenden Werte (s. Tabelle 3 und Tabelle 4).

Tabelle 3 Cashflow AfA-Faktor bei Ziel-Anlagenintensitä

Tabelle 3 Cashflow AfA-Faktor bei Ziel-Anlagenintensität[10]

Tabelle 4 Cashflow AfA-Faktor bei < Ziel-Anlagenintensität[11]

Vergleichen wir nun unser Beispielunternehmen mit dem geforderten Werten, so erhalten wir

3.160.000,00 € > 2.460.000,00 €

Das Beispielunternehmen liegt damit, wenn es um die Ausbaufähigkeit derselben geht, auf der sicheren Seite.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf einzelne Artikel von mir aufmerksam machen, welche sich im Detail mit der Verbesserung des Cashflows beschäftigen.

Wenn Sie meine bisherigen Artikel

gelesen haben, dann wissen Sie, dass es insgesamt drei Cashflow-Quellen gibt.

  1. Cashflow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit
  2. Cashflow aus Investitionstätigkeit
  3. Cashflow aus Finanzierungstätigkeit

Im Bereich des Cashflows aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit finden wir die operative Lücke wieder.

Operative Lücke

Um hier den Cashflow erhöhen zu können, stehen unter anderem die folgenden Maßnahmen zur Verfügung

  • Kostensenkung in der Fertigung
  • Optimale Bestellmenge
  • Reduzierung der Lagerhaltung
  • Optimierung der Durchlaufzeiten

Ich gehe an dieser Stelle bewusst nicht weiter ins Detail, da ich dies bereits in den oben aufgeführten Artikeln getan habe.

Betrachten wir dagegen die beiden Aufgaben Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit, dann sind wir bei Bereich der strategischen Lücke.

Strategische Lücke

Mögliche Ansatzpunkt, um den Cashflow in diesem Bereich zu verbessern sind unter anderem

  • Produktportfolio (Lösungsversprechen)
  • Vertriebskanäle
  • Fertigungstechnologien
  • Tilgung von Krediten

Auch an dieser Stelle verweise ich auf die bereits genannten Artikel.

Sie sehen, so bald Sie sich der Lücke zwischen Ihrem Wunsch und der Wirklichkeit bewusst sind, können Sie damit beginnen sie zu schließen.

Wenn Ihnen dieser Artikel mehr Klarheit im Hinblick auf das was Sie als Unternehmer oder Unternehmerin tun müssen verschafft hat, dann würde ich mich über ein Like von Ihnen freuen. Wenn nicht, dürfen Sie gerne trotzdem ein Like da lassen.

In welcher Höhe beläuft sich Ihre Anlagenintensität? Und in welchem Zielkorridor befinden Sie sich? Schreiben Sie es mir unten in die Kommentare oder wenn Sie lieber möchte eine E-Mail.

Bleiben Sie zahlungsfähig!

Wenn Sie (noch) tiefer in das Cashflow- und Liquiditätsmanagement einsteigen wollen, als ich es in diesem Artikel getan habe, dann kann ich Ihnen das Buch von Heesen empfehlen.


[1] Eigene Darstellung

[2] Eigene Darstellung

[3] Eigene Darstellung (Zielkorridore s. Hessen (2016) Cashflow- und Liquiditätsmanagement)

[4] Heesen (2016)

[5] Eigne Darstellung (Wert s. Heesen (2016) Cashflow- und Liquiditätsmanagement )

[6] Handelskammer Hamburg

[7] In Anlehnung an Heesen (2016) Cashflow- und Liquiditätsmanagement

[8] Beispiel entnommen Heesen (2016) Cashflow- und Liquiditätsmanagement

[9] Eigene Darstellung

[10] In Anlehnung an Heesen 2016 Cashflow- und Liquiditätsmanagement

[11] In Anlehnung an Heesen 2016 Cashflow- und Liquiditätsmanagement

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